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„Heute wollen wir Euch feiern!“

Mit Musik, Poetry Slam und Theater begingen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Welcome@FUBerlin-Programms für Geflüchtete das Semesterende

07.02.2017

Durchschnaufen: Eine Woche Pause haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Studienkollegs zwischen dem neuen und alten Semester.

Durchschnaufen: Eine Woche Pause haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Studienkollegs zwischen dem neuen und alten Semester.
Bildquelle: Annika Middeldorf

Eine neue Sprache lernen, Freundschaften knüpfen, bürokratische Hürden nehmen, sich im Alltag zurechtfinden: Flüchtlinge, die sich in Deutschland ein neues Leben aufbauen, haben viel zu bewältigen. Besondere Unterstützung erhalten sie an der Freien Universität: Um ihnen den Start an der Uni zu erleichtern, bietet die Hochschule seit Sommer 2016 im Rahmen des Welcome@FUBerlin-Programms ein einjähriges Studienkolleg mit Deutsch- und fachspezifischen Vorbereitungskursen an. Ende Januar feierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Studienkollegs und weiterer Kurse des Welcome@FUBerlin-Programms gemeinsam mit Freunden und den Organisatoren im Henry-Ford-Bau das Semesterende.

Zeit zum Durchschnaufen haben sie kaum: Nach nur einer Ferienwoche geht es für die Teilnehmer des Studienkollegs zurück in den Unterricht. An diesem Freitagnachmittag Ende Januar aber war Zeit, sich über das bereits Erreichte zu freuen. „Heute wollen wir euch feiern“, sagte Florian Kohlstall, der gemeinsam mit Stefanie Böhler das Welcome@FUBerlin-Programm für studieninteressierte Flüchtlinge koordiniert: „Wir sind von euren Leistungen und eurer Motivation schwer beeindruckt."

Zusammenrücken, bitte! Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Studienkollegs, Organisatoren und Freunde im Foyer des Henry-Ford-Baus.

Zusammenrücken, bitte! Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Studienkollegs, Organisatoren und Freunde im Foyer des Henry-Ford-Baus.
Bildquelle: Annika Middeldorf

Einer der Ersten, die sich über das Welcome@FUBerlin-Programm regulär an der Freien Universität immatrikuliert haben: Der Arabistik-Student Nathmi

Einer der Ersten, die sich über das Welcome@FUBerlin-Programm regulär an der Freien Universität immatrikuliert haben: Der Arabistik-Student Nathmi
Bildquelle: Annika Middeldorf

Immer im Takt: Zur Live-Musik der Band  il Civetto wurde die Bühne des Hörsaals kurzerhand zur Tanzfläche umfunktioniert.

Immer im Takt: Zur Live-Musik der Band il Civetto wurde die Bühne des Hörsaals kurzerhand zur Tanzfläche umfunktioniert.
Bildquelle: Annika Middeldorf

Mehr als 300 Personen nehmen das Angebot des Welcome@FUBerlin-Programms wahr.

Mehr als 300 Personen nehmen das Angebot des Welcome@FUBerlin-Programms wahr.
Bildquelle: Annika Middeldorf

Im Herbst 2015 war das Angebot ins Leben gerufen worden, das inzwischen mehr als 300 Menschen nutzen: Etwa 100 Geflüchtete lernen in Sprachkursen Deutsch, weitere 100 besuchen speziell für Geflüchtete geöffnete Seminare und weitere, etwa 80, studieninteressierte Geflüchtete bereiten sich im Studienkolleg, das in eine Art fachgebundenes Abitur mündet, auf den Übergang in ein reguläres Studium vor.

Auch ihre zukünftigen Kommilitonen und die Mitarbeiter der Freien Universität sind Teil des Programms: Mehr als 100 Mentorinnen und Mentoren, sogenannte Buddies, unterstützen die Geflüchteten dabei, sich in ihrer neuen akademischen Heimat zurechtzufinden. Beim Uni-Sport können Geflüchtete und ihre Buddies beispielsweise kostenfrei ausgewählte Sportkurse besuchen. „Ein großes Dankeschön“ sprach Matthias Dannenberg, ständiger Vertreter der Kanzlerin der Freien Universität, deshalb allen aus, die sich im Rahmen des Welcome-Programms engagieren.

Organisiert hatten das gesellige Fest zum Semesterabschluss Salma Hamed, Fatima Ajroudi und Carlotta Mellies, studentische Mitarbeiterinnen des Welcome-Programms. Mitreißend war die Musik von il Civetto: Eine Mischung aus Balkanmusik, Folk und Swing. Der Sound des Berliner Quintetts ist geprägt von den Reisen der Musiker durch Afrika oder Südamerika. Es brauchte nur wenige Töne, bis Sänger Leon Keiditsch mit seinen Bandkollegen die Zuhörerinnen und Zuhörer im Henry-Ford-Bau überzeugt hatte: Das ist Musik zum Tanzen, Klatschen, Mitwippen.

Die Poetry-Slammerin Faten El Dabbas schlug nachdenkliche Töne an. Getragen von der Sehnsucht nach gegenseitigem Verständnis erzählte die Politikstudentin „Keine Märchen aus 1001 Nacht“ - dem Titel ihres aktuellen Buches - , sondern berichtete von ihren Gefühlen als arabische, palästinensische und muslimische Frau in Deutschland. Ihre Texte, das ist Ehrensache an diesem Nachmittag, liest Faten El Dabbas auf Deutsch. Schließlich ist Deutsch auch die gemeinsame Sprache der Studienkollegsteilnehmer, von denen viele aus Syrien, Ägypten, Afghanistan oder dem Iran kommen.

Mehrsprachig war an diesem Nachmittag ein Stück der Theatergruppe „AugenBlick“: Auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Persisch ging es um das Miteinander trotz unterschiedlicher Herkunft. Die Botschaft: Frieden muss im Herzen entstehen. Und: Wer Frieden möchte, muss Vertrauen schenken.

Auch Samala Kassem, die in Damaskus Archäologie studiert hat und nun ihren Master für Klassische Archäologie an der Freien Universität macht, spielte bei dem Theaterstück mit. Bei einer anschließenden Podiumsdiskussion erzählte sie gemeinsam mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Studienkollegs von ihren Erlebnissen und Erfahrungen in der neuen Heimat Deutschland.

Gefragt nach den Unterschieden zwischen ihrer alten und neuen Universität, hat Informatik-Student Wael aus Syrien viel zu berichten. Etwa über den Umgang mit mathematischen Annahmen: „Hier müssen wir alle Theorien beweisen. In der Mathematik etwas anzunehmen, das reicht hier nicht“, sagt der Flüchtling aus Syrien. Er gehört wie der Arabistik-Student Nathmi aus Jordanien zu den ersten, die sich über das Welcome@FUBerlin-Programm für ein reguläres Studium einschreiben konnten. Nathmi, der aus Jordanien stammt, weiß aus Erfahrung: „Am Anfang ist alles schwer, aber die Mühe zahlt sich aus. Wir haben hier viele Chancen.“