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Bulgur schlägt Weizengrütze

Noch freie Plätze: In einem Workshop am 12. Dezember erfahren Ehrenamtliche, wie sie Flüchtlinge beim Deutschlernen unterstützen können

09.12.2015

„Zeig mal!“ Viele Lehrbücher sind speziell für den Deutschunterricht mit Flüchtlingen und Asylsuchenden ausgerichtet.

„Zeig mal!“ Viele Lehrbücher sind speziell für den Deutschunterricht mit Flüchtlingen und Asylsuchenden ausgerichtet.
Bildquelle: Annika Middeldorf

Engagiert in der Flüchtlingshilfe: Sabine Greiner, Geschäftsführerin des Italienzentrums der Freien Universität.

Engagiert in der Flüchtlingshilfe: Sabine Greiner, Geschäftsführerin des Italienzentrums der Freien Universität.
Bildquelle: Annika Middeldorf

Föhnen, schneiden, kämmen, waschen oder färben – knapp ein Dutzend Workshop-Teilnehmer sammeln Verben zum Begriff Haare. Sie – das sind Beschäftigte und Studierende der Freien Universität, die Flüchtlingen ehrenamtlich beim Deutschlernen helfen wollen oder dies bereits tun. In einem Seminarraum in der Rostlaube gibt Oliver Völkel, Dozent für Deutsch als Fremdsprache an der Freien Universität, Tipps für den Unterricht in der Flüchtlingsunterkunft: „Es hilft Ihren Schülern sehr, wenn Sie neue Wörter nicht isoliert, sondern im Kontext vermitteln. Und halten Sie die Dinge einfach: Niemand muss den deutschen Begriff ‚Weizengrütze‘ lernen, wenn das arabische Original ‚Bulgur‘ genauso verstanden wird.“

Der Workshop „Deutsch im Alltag. Grundinformationen für das Ehrenamt“ richtet sich an Hochschulangehörige und Studierende der Freien Universität, die Flüchtlinge ehrenamtlich unterstützen möchten. Almut Hille vom Institut für Deutsche und Niederländische Philologie organisiert den Kurs. Die Professorin für Deutsch als Fremdsprache kennt die besonderen Herausforderungen von Lerngruppen in Flüchtlingsunterkünften. Dort lernen nicht nur Menschen aus verschiedenen Ländern und mit unterschiedlichen Muttersprachen, auch die Erfahrungen und Methoden des Sprachenlernens können sehr verschieden sein. Die ehrenamtlichen Lehrerinnen und Lehrer brauche das nicht zu beunruhigen, sagt Almut Hille: „Alle, die Ihre Deutsch-Kurse besuchen werden, werden sehr motiviert sein. Es ist für sie der erste Schritt in ein neues Leben.“

Sprache, um sich im Alltag zurechtzufinden

Flüchtlingen das Einleben in einem fremden Land zu erleichtern, das ist auch Ziel des Programms Welcome@FUBerlin; der Workshop für ehrenamtliche Sprachbegleiter ist ein Bestandteil des Programms. Neben Oliver Völkel lehrt auch der Linguist Konrad Ehlich in dem Workshop. Für den Honorarprofessor der Freien Universität geht es vor allem darum, Flüchtlingen dabei zu helfen, den Alltag sprachlich zu bewältigen: „Wenn wir eine Sprache erwerben, dann wollen wir damit kommunizieren. Es geht hier nicht um das abstrakte System der Sprache, mit dem sich Linguisten auseinandersetzen“, sagt Ehlich. Ganz konkret heißt das: Welcher Brief vom Amt ist wichtig? Wie kann ich bei der Bank, beim Arzt oder einer Behörde mein Anliegen vortragen? Fragen, die für Flüchtlinge besonders wichtig sind. Für einen langfristigen Erfolg beim Lernen einer neuen Sprache müssten sich aber auch die Rahmenbedingungen ändern, sagt Ehlich: „Es muss Begegnungsmöglichkeiten geben, in denen die neue Sprache auch genutzt wird.“

Engagement in der Flüchtlingshilfe

Unterstützen und für Begegnungen sorgen, das möchte auch Sabine Greiner. Sie ist Geschäftsführerin des Italienzentrums der Freien Universität und Teilnehmerin des Workshops. Bislang hat sie vor allem Einkäufe nach der Bedarfsliste eines Flüchtlingsheims in ihrem Heimatbezirk erledigt. Dann kamen mehrere Dinge zusammen: Die Turnhalle in der Schule ihrer Tochter wurde zur Erstaufnahmeeinrichtung umfunktioniert; Freunde, die außerhalb von Berlin wohnen, engagieren sich nach Protesten gegen eine dort eröffnete Flüchtlingsunterkunft ebenfalls in der Flüchtlingshilfe; und schließlich wurden in direkter Nachbarschaft von Sabine Greiner zwei weitere Heime eröffnet. „Ich habe früher Übersetzungskurse für Italienisch und Französisch geleitet und deswegen Erfahrung in der Sprachvermittlung“, sagt sie. Außerdem wollte sie sich „stärker einbringen“: „Was ich hier im Workshop lerne, werde ich an die anderen Helfer in den Unterkünften weitergeben. In den Flüchtlingsinitiativen trifft man auf viele sehr engagierte Menschen“, sagt Sabine Greiner. Ein Thema des Workshops, „Trauma und Sprache“, hält sie mit Blick auf die besonderen Biografien von Flüchtlingen für besonders wichtig.  

Viele helfen, wo sie können. Wie vielfältig Flüchtlingshilfe sein kann, zeigt auch das Engagement von Barbara Sandow. Mit dem Projekt „Physik im Advent“, organisiert von der „Deutschen Physikalischen Gesellschaft“, führt die promovierte Physikerin kleine physikalische Experimente für Kinder in einer Erstaufnahmestelle in Weißensee durch. Um sich auf auftretende Sprachprobleme vorbereiten zu können, hat sie sich für den Workshop angemeldet. „Ich wollte am liebsten gleich alles richtig machen. Es rührt mich jedes Mal, wenn ich sehe, wie sehr sich die Kinder freuen, wenn ich zum Experimentieren in die Einrichtung komme.“

Weitere Informationen

„Welcome@FUBerlin“ ist ein umfangreiches Paket von akademischen Angeboten, das Menschen, die aus Krisengebieten geflohen sind, den Zugang zum Studium erleichtern soll. Alle Informationen zum Programm finden Sie auf www.fu-berlin.de/welcome.

Der nächste Workshop Deutsch für ehrenamtliche Sprachbegleiterinnen und Sprachbegleiter statt am:

Samstag, 12.12.2015 von 10 bis 18 Uhr in der Habelschwerdter Allee 45, Room JK 31/102.

Den Link zur Anmeldung finden Sie hier.

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